Unter dem Titel "Das Nächste bitte!" hat Stephan
Porombka es kürzlich ausgerufen - das unmittelbar bevorstehende Boomzeitalter
der Literatur. Ja: Boomzeit! Wer hätte das gedacht. Gesponsert von der
Bundeskulturstiftung leitet Prombka einen selbstgebastelten Thinktank namens
LITFLOW, der die deutsche Literatur ab sofort - mit allerlei tönenden
Berlin-Mitte-Events und progressiven Publikationen - in die glorreiche Zukunft
führt: Internet sei dank! Zumindest bis zum Ende des
Förderbewilligungszeitraumes.
Heiß wird diskutiert
und viel, vor allem von westdeutschen und ostküstenamerikanischen
Literaturprofis aus dem Nicht-Bestseller-Bereich. Innovation, Nachhaltigkeit,
Kreativität, aber auch papierunabhängiges Lesen und Schreiben, effektives
Zielgruppenmarketing und gestaltungsoffene, multimediale Vernetzung erreichen
nun - endlich! - auch den dröge vor sich hin dümpelden deutschen
Literaturbetrieb. Der ja bekanntlich einer der am Boden liegendsten der Welt
ist...

KANN MAN JETZT also
mit e-books schneller reich und berühmt werden? Prombka sagt: Die Boomzeit ist
da! Also, wie viel verdient ein deutscher Autor so derzeit? Die Wissenschaftler
Kretschmer und Hardwick von der Universität Bournemouth hatten dazu, gänzlich
unabhängig von Zukunftsweiser Porombka, vor wenigen Jahren etwa 25000 deutsche
und britische Schriftsteller befragt. Deren wichtigste, auch 2012 noch
weitgehend geltende Erkenntnisse: Im Referenz-Jahr 2005 verdienten
professionelle deutsche Autoren im Durchschnitt pro Jahr 12.000 €. (Berufsautor
ist, wer mehr als 50% seiner Arbeitszeit für Geld schreibt.) Das sind 42% des
nationalen Durchschnittseinkommens - weniger als die Hälfte von "Otto
Normalbürger" und "Lieschen Müller".
Die 10% der wenigen
deutschen Autoren von den oberen Plätzen der Bestsellerlisten verdienen 41% des
Gesamteinkommens aller Autoren. Das ist dennoch keine
"GEMA-Situationen" wie bei den deutschen Musikern, denn unsere
Literaturstars liegen dann im Durchschnitt auch immer noch bei nur ca 40.000 €
pro Jahr. Während andererseits über 50% der Autoren mit nur 12% des deutschen
literarischen Jahresgesamteinkommens (DLJG) auskommen müssen. 60% der deutschen
Dichter und Denker haben deshalb einen zweiten ("richtigen") Job, um
ihren Lebensunterhalt zu sichern. (Netzwerkadministrator? Amazonbuchhändler?)
Und: Autorinnen verdienen durchschnittlich 30% weniger als ihre männlichen
Kollegen. (Das entspricht exakt der deutschen Realität in den meisten anderen
Bereichen.)
Höchste Zeit, das
Prombka & Co den Weg in die Zukunft frei machen! Die Boomzeit einer neuen
deutschen Literatur ist nahe! (Sagt Prombka.) Fragt sich noch: Was für einer?
(Und: Warum braucht Porombka für den Boom Fördergelder?)
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