Am 3. und 4. Oktober wurde im deutschen Fernsehen eine zweiteilige Verfilmung von Uwe Tellkamps Roman "Der Turm" erstausgestrahlt. Der erste Teil war grandios umgesetzt, im zweiten ergaben die zusammengeschusterten Versatzstücke der komplexen Handlung dann leider kein organisches Ganzes mehr. Es heißt aber, der Autor habe beim ersten Ansehen dieses Streifens geweint. Man kann über den Autor natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Mir persönlich ist die Person Tellkamp zumindest deshalb suspekt, weil er über sich, einen freiwilligen NVA-Unteroffizier und Panzerkommandanten, merkwürdige (bis unglaubwürdige?) Widerstandslegenden aus den heißen Dresdner Oktobertagen von 1989 verbreitet.
Über seinen opernhaften literarischen Stil wurde in den letzten Jahren viel gemeckert (vor allem von Autoren und Kritikern, die im Gegensatz zu Tellkamp 2008 den deutschen Buchpreis NICHT bekamen). Mich erinnert dieses Schlaumeiergerede von wegen "es hätten auch 300 Seiten weniger sein können" aber vor allem an eine Szene aus dem legendären Mozartfilm "Amadeus": Als Mozart dem griesgrämigen österreichischen Kaiser eine seiner neuen Kompositionen vorspielen muss und zu virtouser Höchstform aufläuft, anschließend auf die Frage, wie es Majestät denn gefallen habe, jedoch die knappe Antwort bekommt: "Zu viele Noten, Mozart, zu viele Noten..."
Über seinen opernhaften literarischen Stil wurde in den letzten Jahren viel gemeckert (vor allem von Autoren und Kritikern, die im Gegensatz zu Tellkamp 2008 den deutschen Buchpreis NICHT bekamen). Mich erinnert dieses Schlaumeiergerede von wegen "es hätten auch 300 Seiten weniger sein können" aber vor allem an eine Szene aus dem legendären Mozartfilm "Amadeus": Als Mozart dem griesgrämigen österreichischen Kaiser eine seiner neuen Kompositionen vorspielen muss und zu virtouser Höchstform aufläuft, anschließend auf die Frage, wie es Majestät denn gefallen habe, jedoch die knappe Antwort bekommt: "Zu viele Noten, Mozart, zu viele Noten..."
An so genannter "Wendeliteratur" habe ich (aus persönlicher "Betroffenheit") so gut wie alles gelesen, was es auf dem Buchmarkt gibt, und ich finde nach wie vor, dass Tellkamps "Turm" eines des gelungensten und wichtigsten deutschen Bücher zu diesem Thema, wie der letzten zwanzig Jahre überhaupt, ist. Deswegen möchte ich auf meine Gedanken zu diesem Buch verweisen, die ich bei Erscheinen 2008 in verschiedenen Veröffentlichungen darlegte: HIER ein Text, der das Buch ausführlich vorstellt und bewertet.
Letztes Jahr veröffentlichte ich HIER auch eine Besprechung von Eugen Ruges Roman "In Zeiten abnehmenden Lichts" - der ebenfalls den deutschen Buchpreis gewann. Und den Gegner und Kritiker Tellkamps für den "besseren Wenderoman" halten (vor allem, wenn sie der DDR weniger kritisch gegenüberstehen und ansonsten lieber Krimis als, sagen wir, Proust lesen)! Ich finde ehrlich gesagt beide Bücher hervorragend und absolut lesenswert, wobei Tellkamp künstlerisch verwegener und verspielter schreibt (was ich mutig und hochinteressant finde), während Ruge ein großartiges Buch mit nahezu perfekter Dramaturgie in allersolidester Erzählkunst liefert. (Beide Romane haben interessanter Weise ihre deutlichsten Schwächen in der Psychologie der Hauptfiguren, die jeweils autobiografisch angelegt sind. Hier hat offensichtlich der Wunsch sich vor Selbstentblößung zu schützen in beiden Fällen auffällige Ungereimheiten hervorgebracht.) Eine Verfilmung von Tellkamps bewusstseinsströmendem Tausend-Seiten-Epos stellt insofern die größere künstlerische Herausforderung dar - während Ruges stringent erzählte Geschichte einer randberliner Funktionäresfamilie im Epochenumbruch gewissermaßen ganz von selbst einen Film erzeugt, war Tellkamps experimentell erzähltes Epos von den Dresdener Bildungsbürgern in der sozialistisch vor sich hinbröckelnden Villenenklave des Weißen Hirschs garantiert kein einfacher Stoff für den Bildschirm. Insofern muss man anerkennen, was Regisseur Christian Schwochow da geleistet hat. Die Auseinandersetzung damit lohnt sich in jedem Fall.