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Christoph
Freier fragte nicht, (...) was wir
wollten. Hörte zu, mit unbewegtem Gesicht. Lächelte, nur mit den Augen. Er
erklärte uns, was ein freies Gebet
war. Jeder der Anwesenden konnte ans Mikrophon treten und eine Bitte äußern,
einen Gedanken. Und dann sangen alle eine Antwort, einen Refrain. Eine
gesegnete Form der Nachrichtenübertragung. In wenigen Minuten erfuhr man mehr
Neues, als in jahrelangem Studium an der Arbeiter-und-Bauernfakultät, als in
der umfassend informierenden Volkszeitung, im volksnahen Republiksfernsehen, im
objektiv berichterstattenden Wahrheitsradio. Unerhörte Nachrichten aus der Welt
jenseits des Heftchenrandes.
Montag für Montag füllte sich das
Kirchenschiff.
Dreihundert Leute, schätzte Freier.
Fünfhundert. Achthundert.
... <<
(aus: "Rabet oder Das Verschwinden einer Himmelsrichtung", Roman, M.J. 1999)
In memoriam Christian Führer, geboren 5. März 1943 in Leipzig, gestorben 30. Juni 2014 ebenda.
In memoriam Christian Führer, geboren 5. März 1943 in Leipzig, gestorben 30. Juni 2014 ebenda.
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