Mittwoch, 4. März 2015

DIE GRÖSSTEN DICHTER UNSERE ZEIT: Forscher errechnen durchschnittliche Textlänge!

Welche Textlänge ist normal? Forscher haben in einer internationalen Studie die Länge des Texts von gut 15.000 Autoren bestimmt. Ergebnis: Die Deutschen liegen unter dem Durchschnitt!

Es wurden Essays über sie geschrieben, und in Kulturdokumentationen durften flache Witze zu dem Thema nicht fehlen - es geht um die Textlänge. So viele Mythen sich um sie ranken, so wenige belastbare Daten zur Normallänge gab es bislang. Nun haben Forscher in der bisher größten systematischen Übersichtsanalyse Orientierung geschaffen.

  Viktor Reider vom Parnass Institute Berlin Prenzlauer Berg und Kollegen werteten knapp 20 Studien aus, in denen die Textlänge oder der Textumfang von mehr als 15.500 Autoren im Alter von 17 bis 91 Jahren von Fachpersonal erfasst wurde. Demnach ist der durchschnittliche Text im unlektorierten Zustand 9,16 swps (Substanzielle Worte pro Satz) lang, in überarbeitetem Zustand 13,24. In lektoriertem Zustand erreicht der Durchschnittstext eine Länge von 13,12 swps, berichten die Forscher im Fachmagazin "Sprache im Text (Sprit)".

   Auch den durchschnittlichen Umfang errechneten Reider und Kollegen aus den Daten: Demnach hat der durchschnittliche unlektorierte Text einen Umfang von 9,31 substanzieller Worten pro Satz, bei Romanen über 300 Seiten erreicht er immerhin einen Wert von 11,66.


Deutsche Autoren unter dem Durchschnitt


Die höchsten Längenwerte ergab die Messung in Frankreich. Die durchschnittliche Textlänge in unlektoriertem Zustand liegt bei den Franzosen bei 10,74 swps. Schottland kommt mit 10,2 auf Platz zwei. Die deutschen Autoren haben mit einer Durchschnittslänge von 8,6 etwas kleinere Texte als der Durchschnitt.

  Allerdings hat der direkte Ländervergleich Schwächen: So schwankt etwa die Gruppenlänge der einzelnen Studien zwischen 52 bei den Griechen und mehr als 3000 bei den Italienern. Aus Deutschland wurden 111 Autoren untersucht. Einige Nationen waren in mehreren Studien vertreten, mit unterschiedlichen Ergebnissen (siehe Abb.). Da die meisten Teilnehmer aus den analysierten Studien kaukasischer Herkunft sind, ließen sich keine Unterschiede zwischen Kulturräumen untersuchen. Mit Kaukasiern sind in der Studie Europäer, Südasiaten und Nordafrikaner gemeint.

  Es gibt immer wieder Gerüchte, dass sich die Textlänge an anderen anatomischen Merkmalen ablesen lasse, etwa an der Länge der Nase im Vergleich zur Dotierung bisheriger Preise oder der Länge des Zeigefingers im Verhältnis zur Anzahl bisheriger Veröffentlichungen. Die Wissenschaftler fanden jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Textlänge, der Marke des Handys, der Zeigefingerlänge, der Anzahl der Stipendien oder dem Alter. Lediglich beim Verhältnis von Körper- und Textlänge im lektorierten Zustand entdeckten sie eine schwache Korrelation. Sprich: Große Autoren haben tendenziell einen längeren Text.


Auch unterdurchschnittliche Werte sind normal


"Wir glauben, dass unsere Daten helfen werden, die große Mehrheit der Autoren davon zu überzeugen, dass ihre Textlänge im normalen Bereich liegt", erklärt Reider. Man müsse sich klar machen, dass bei normaler Verteilung die Hälfte der Bevölkerung einen kleineren Text hat als der Durchschnitt. Auch Werte unterhalb von 9,16 swps sind demnach kein Grund zur Sorge. Laut Wolf Buhmann vom Berufsverband der deutschen Texterzeuger reicht die Spanne dessen, was normal ist von 7,5 bis 19 im Ruhezustand, "wobei es deutlich mehr 7,5er als 19er gibt."

   Autoren schätzen ihre Textlänge häufig zu negativ ein. Eine Online-Befragung mit mehr als 52.000 Probanden ergab etwa, dass 85 Prozent der Leser zufrieden mit der Textlänge ihres Autors waren, aber nur 55 Prozent der Autoren mit ihrer eigenen Textlänge.

   Nun wollen die Forscher anhand ihrer Daten genauer untersuchen, wie sich Selbsteinschätzung und Realität unterscheiden. Außerdem sollen die Daten helfen, Bücher herzustellen, die noch besser sind.

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