Freitag, 9. November 2012

Brasilienblog (3)


 (3) immer noch Donnerstag, 8. November ...

Mit der Dämmerung wird die Aussicht vom Festivalgelände in St. Teresa unbeschreiblich. Eine enorme räumliche Staffelung verschiedenster Wolken und Hügelketten im weiten Rund begint sich peu a peu mit hunderten gelber Laternen zu beleuchten, in der Ferne hinter diversen blauschimmernden Bergsilhouetten, wie auf einem Gemälde, der Zuckerhut. Auf der Bucht beginnen die Lichter der Schiffe und Brücken zu flimmern, gespiegelt durch das Wasser. Auf dem Festivalgelände treffen immer mehr Menschen ein, an den Essensständen liefern sich die Jungsgangs des Viertels eine kleine Break-Dance-Battle unter Anleitung von Festival-Kustode Julio (Gewinner, unter großem Jubel der komplett strandmäßig gekleideten Mädchentrauben, wurde ein drahtiger Teenager mit flinken Beinen und Berlin-T-Shirt).  Als es vollends dunkel ist, beginnt an und auf der ersten steilen Betonwendeltreppe hinauf in die Favela eine Theaterperformance unter Teilnahme etlicher Kinder- und Jugend-Gangs; weißgewandet führen sie ein Gruppendrama ohne große Texte, aber mit viel Körpereinsatz, Pose und rhythmischer Musik über die Vergangenheit Rios auf, gekrönt vom afrikanisch-königlich-schrägen Gesang einer in goldene Stoffwolken gekleidete Rio-Mama.

Ein Van brachte uns schließlich zurück zum Hotel in der Lapa. Kaum im Zimmer angekommen, klingelte das Telefon und der mir bis dato nur per Email bekannte Übersetzer Aldo Medeiros meldete sich mit dem Vorschlag, auf gemeinsamer Pirsch im Viertel noch ein Bier zusammen zu trinken, was mir mehr als gelegen kam, denn ich hatte noch nichts gegessen und wäre nur ungern allein ausgegangen. Aldo (der mit Simone Brantes zusammen einige meiner Gedichte für dieses Festival übersetzt hat) entpuppte sich als absolut sympathischer, perfekt Deutsch sprechender Ureinwohner (Carioca) von Rio - mit Hang zur deutscher Lyrik und brasilianischer Gitarrenmusik… der zum Lebensunterhalt Deutschunterricht am hiesigen Goethe-Institut gibt. Wir liefen um ein paar Ecken und landeten in einer belebten Eckkneipe, die mir schon vom Auto aus  aufgefallen war, wo ich Maniokcreme mit gesalzenem Dörrfleisch aß – eine lokale Delikatesse, deren Namen ich leider nicht behalten habe (eine Art Würzfleisch ohne jedes Fett, aber feiner und schmackhafter). Wir erzählten und verglichen unsere Geschichten (und besprachen auch die bedenklichen Hintergründe von FLUPP,  das ja Teil der stadtweiten Befriedungskampagne ist, die Rio für Fußballweltmeisterschaft und Olympiade fein machen soll) während Aldo mit bewundernswerter Freundlichkeit kleine Händel mit verschiedenen Straßenverkäufern, die an unseren Tisch kamen, machte und einem Bettler auch einen Happen Weißbrot mit Würzfleisch schenkte.
  Später streifen wir durch die locker belebte Lapa und landen in der Gegend um den Aquädukt in einer Ecke, in der aus jeder Kneipe eine andere verlockende Live-Musik drang, während sich vor den Eingängen die Gäste versammeln. Im Gegensatz zu der sauberen Favela in St. Teresa ("Hill of pleasure" nennen sie sich selbst, hat mir Anna-Clara) gibt es hier in der Lapa Ecken mit verfallenen leerstehenden Altbauten, Müllberge und auf dem Gehweg schlafende Obdachlose (letztere ausschließlich Schwarze, wie Aldo bemerkte). Auf einem freien Platz neben dem weißen Aquädukt, der tagsüber für Skater geeignet wäre, tobt die „Batalha da Lapa“: Junge Rapper aus Rio buhlen um die Gunst des reichlich vorhandenen jugendlichen Publikums, das begeistert mitgeht. Gerade versetzt eine blutjunge energische Rapper-Queen mit Kaskaden von rasendem Portugiesisch die Menge in begeistertes Rufen und Armewinken. Aldo meint, solche lautstarken Spontan-Ereignisse in der Nacht (es war inzwischen um Mitternacht) seien absolut üblich und würden weder jemanden beunruhigen noch die Polizei auf den Plan rufen.    

1 Kommentar:

  1. Übersetzt von Google:

    Ich kenne Favela und Rio Kleine.
    viel ich weiß, dass Sie einen guten Beschreibungen, wie in Rabet

    M. Faizi, INDONESIA

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