Montag, 12. November,
Rio de Janeiro – Santiago de Chile
In der Nacht
um drei Uhr holte mich ein Wagen des
Festivals in der Lapa ab und fuhr mich durch das schlafende Rio zum nächtlichen
Flughafen. Gegen sechs ging mein Flieger, aber man musste rechtzeitig dasein,
um dann stundenlang abzuwarten, wann der Check-in endlich öffnete, der für alle
Flüge des morgens gleichzeitig war (dementsprechend umständlich und langwierig
wurde diese nächtliche Aktion für mich). Endlich im Flugzeugsitz angelangt fiel
ich sofort in einen tiefen Schlaf, noch bevor wir abhoben, und erwachte erst
anderthalb Stunden später bei der Landung in Sao Paulo. Dort regnete es in der
Morgendämmerung und meine kurze Umsteigezeit wurde durch die völlige
Unfähigkeit des dortigen Flughafenpersonals noch unterhaltsam verkompliziert:
Es brauchte sage und schreibe acht Leute und sechs verschiedene Schalter, ehe
klar war, dass das Gepäck doch nicht abgeholt und neu eingecheckt werden und
ich nicht nur in ein anderes Terminal muss, sondern meine Bordkarte aus Rio hier
schon nichts mehr gilt und ich (an Schalter 29b im anderen Gebäude) eine neue
beantragen muss - kurz: Rio = juhu!!; Sao Paulo = auweia, auweia… Der
vollbesetzte Großraumflieger auf die andere Seite Südamerikas erwies sich zum
Glück als geräumig und komfortabel. So südlich auf dem Globus war ich noch nie,
so weit westlich auch nicht, und den Pazifik habe ich zuletzt vor zwei Jahren vom östlichen Zipfel
Biak-Papuas aus betrachtet, also vom gegenüberliegenden Ufer, gleich hinter der
Südsee… dachte ich noch, ehe mir im morgentlichen Nieselregen von Sao Paulo die
Augen zufielen.
Der Anflug nach Santiago führte über die schneebedeckten Cordillera de los Andes, deren faltige Rücken prächtig und breit und einem strahlend blauen Himmel glitzerten. Über einem Seitental dann plötzlich eine dunstige braune Wolke, dorthinein flogen wir und landeten in einer staubtrockenen Ebene, die mit ihren verstreuten Bäumen an südeuropische Sommergefilde erinnerte (Südspanien? Griechenland nach einem heißen Sommer? Der ausgedörrte Süden Italiens?) bei strahlendem Sonnenschein. Der Flughafen mutete ziemlich europäisch an und Abfertigung wie Gepäckausgabe funktionierten trotz riesiger Passagiermassen reibungslos und rasch.
Julio wartete am Ausgang schon, mit seinem uralten himmelblauen Sportsuzuki fuhren wir durch die staubige Hitze einen fast leeren Highway entlang trockener Hügelketten, bis wir irgendwann abfuhren und uns plötzlich mitten im Berufsverkehr einer - südeuropäisch anmutenden - Großstadt befanden. Ich beschloss, vorerst auf Fotos zu verzichten, da auf den Bildern nichts zu sehen sein würde, was nicht anderswo zuhause genauso zu finden wäre... Julios Wohnung im Stadtteil Providenca ist eine waschechte Junggesellenbude mit drei sonnenhellen Zimmern, einer Gästekammer, einer Küche und drei verwinkelten Badezimmern – bequem und mit allem was man braucht, aber abgelebt und unaufgeräumt: Hier wohnt eindeutig jemand draußen in der immerwarmen Welt und kommt nur ab und zu zum Schlafen nachhause... Ich richte mich in einem Zimmer ein, dass zu drei Vierteln von einem großen alten Holzbett im Kolonialstil ausgefüllt wird, und gehe an die Schreibarbeit, während Julio noch einmal in seine Stiftung fährt.
Abends radeln wir durch den (für Radfahrer nahzu lebensgefährlichen) Chile-Verkehr zu einem patagonischen Restaurant. Wir treffen - bei Schwertfischsetak und deutsch-chilenischem Bier - einige Freunde Julios: Verleger, Dichter, Dozenten, mit denen ich es in den nächsten Tage zu tun haben soll (darunter Rodrigo Rojas, der Dozent des morgigen Seminars an der UDP - und Gloria Dünkler, eine blitzgescheite junge Poetin mit schrägen Ideen, deren ungewöhnliches Büchlein „Spandau“ sich mit den Nachfahren jener deutschen Siedler beschäftigt, die sich im südlichen Chile einst mit einheimischen Mapuche-Indianern verbündeten - und die ihre Vorfahren sind…). Man stellt sich allseits vor, überreicht mir Gedichtbändchen und plaudert über Gott und die Welt - leider vergisst man desöfteren, dass ich kein Spanisch kann und auch Englisch nicht meine Muttersprache ist … (Witzig hingegen: Hier küsst man sich auch als Fremde erst mal auf die Wange als wäre man seit Generationen blutsverwandt; dann stellt man sich eventuell auch mal vor, falls dazu Zeit ist…) Im Dunkeln radeln Julio und ich schließlich kreuz und quer durch das Viertel zurück. Und fallen wie Steine in unsere Betten…
Der Anflug nach Santiago führte über die schneebedeckten Cordillera de los Andes, deren faltige Rücken prächtig und breit und einem strahlend blauen Himmel glitzerten. Über einem Seitental dann plötzlich eine dunstige braune Wolke, dorthinein flogen wir und landeten in einer staubtrockenen Ebene, die mit ihren verstreuten Bäumen an südeuropische Sommergefilde erinnerte (Südspanien? Griechenland nach einem heißen Sommer? Der ausgedörrte Süden Italiens?) bei strahlendem Sonnenschein. Der Flughafen mutete ziemlich europäisch an und Abfertigung wie Gepäckausgabe funktionierten trotz riesiger Passagiermassen reibungslos und rasch.
Julio wartete am Ausgang schon, mit seinem uralten himmelblauen Sportsuzuki fuhren wir durch die staubige Hitze einen fast leeren Highway entlang trockener Hügelketten, bis wir irgendwann abfuhren und uns plötzlich mitten im Berufsverkehr einer - südeuropäisch anmutenden - Großstadt befanden. Ich beschloss, vorerst auf Fotos zu verzichten, da auf den Bildern nichts zu sehen sein würde, was nicht anderswo zuhause genauso zu finden wäre... Julios Wohnung im Stadtteil Providenca ist eine waschechte Junggesellenbude mit drei sonnenhellen Zimmern, einer Gästekammer, einer Küche und drei verwinkelten Badezimmern – bequem und mit allem was man braucht, aber abgelebt und unaufgeräumt: Hier wohnt eindeutig jemand draußen in der immerwarmen Welt und kommt nur ab und zu zum Schlafen nachhause... Ich richte mich in einem Zimmer ein, dass zu drei Vierteln von einem großen alten Holzbett im Kolonialstil ausgefüllt wird, und gehe an die Schreibarbeit, während Julio noch einmal in seine Stiftung fährt.
Abends radeln wir durch den (für Radfahrer nahzu lebensgefährlichen) Chile-Verkehr zu einem patagonischen Restaurant. Wir treffen - bei Schwertfischsetak und deutsch-chilenischem Bier - einige Freunde Julios: Verleger, Dichter, Dozenten, mit denen ich es in den nächsten Tage zu tun haben soll (darunter Rodrigo Rojas, der Dozent des morgigen Seminars an der UDP - und Gloria Dünkler, eine blitzgescheite junge Poetin mit schrägen Ideen, deren ungewöhnliches Büchlein „Spandau“ sich mit den Nachfahren jener deutschen Siedler beschäftigt, die sich im südlichen Chile einst mit einheimischen Mapuche-Indianern verbündeten - und die ihre Vorfahren sind…). Man stellt sich allseits vor, überreicht mir Gedichtbändchen und plaudert über Gott und die Welt - leider vergisst man desöfteren, dass ich kein Spanisch kann und auch Englisch nicht meine Muttersprache ist … (Witzig hingegen: Hier küsst man sich auch als Fremde erst mal auf die Wange als wäre man seit Generationen blutsverwandt; dann stellt man sich eventuell auch mal vor, falls dazu Zeit ist…) Im Dunkeln radeln Julio und ich schließlich kreuz und quer durch das Viertel zurück. Und fallen wie Steine in unsere Betten…
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